Dem FM gehen die Allrounder verloren

Brennpunkt Aus- und Weiterbildung
(Facility Management – Ausgabe 06/2015, in gemeinsamer Entwicklung mit TÜV SÜD Akademie GmbH, Christian Maier)

Die wachsende Nachfrage nach qualifizierten Facility Services und ein immer komplexeres Berufsbild verstärken den Fachkräftemangel in der Branche. Zugleich geht durch den Fokus auf Technik und IT wichtiges Breitenwissen verloren. Wo kaufmännische und infrastrukturelle Facility Services bei der Aus- und Weiterbildung zu kurz kommen, kostet das den Auftraggeber oft Zeit und Geld.

Viele FM-Anbieter erweitern ihr Produkt- und Leistungsportfolio durch den Zukauf spezialisierter kleiner und mittlerer Unternehmen. Zugleich müssen FM-Anbieter – aber auch FM-Abteilungen in Unternehmen – auf neue Anforderungen reagieren, die eine veränderte Gesetzeslage oder technische Neuerungen mit sich bringen können. Beispiele hierfür sind die aktuell novellierte Betriebssicherheitsverordnung oder Trends wie Big Data, Smart Buildings, Computer Aided Facility Management (CAFM) oder Building Information Modeling (BIM). All das erfordert immer neue Kenntnisse von Facility Managern, die ohnehin schon Multitalente sind und das auch bleiben müssen.

Alleskönner oder Alleskenner?
Facility Manager benötigen nicht nur umfassendes Fachwissen, Organisationstalent und Kommunikationsstärke, sondern wissen auch um die Betreiberverantwortung. Die Ausbildung erfolgt meist auf Basis vorhandener technischer, kaufmännischer oder handwerklicher Berufserfahrung. Mehrmonatige Fortbildung oder ein Studium sind hier die Optionen. Dabei konzentriert sich ein Großteil noch auf die technischen Facility Services. Vor allem weil viele angehende Facility Manager aus diesem Bereich kommen und es hier durch den technischen Fortschritt den meisten Weiterbildungsbedarf zu geben scheint. Anlagen für die Sicherheit und den Brandschutz oder die Heizungs-, Klima- und Kältetechnik stehen vielfach im Zentrum. Infrastrukturelle – selbst kaufmännische – Facility Services kommen häufig erst an zweiter Stelle. Und das obwohl mangelhafte Reinigung auch zum Haftungsrisiko werden kann – bspw. Wenn durch zu viel Staub im Aufzugssacht unzulässige Brandlast entsteht. Fehlerhafte Budgetierungen und Verträge mit unwirksamen Klauseln gefährden mitunter die Wirtschaftlichkeit des Gebäudebetriebs insgesamt. Das zeigt auch, wie wichtig ein ausgewogenes Verhältnis von Theorie und Praxiswissen ist.

Beispiele aus der Praxis
So führten bei einem FM-Dienstleister ein kostenstellenorientiertes Denken und eine nicht optimale Integration neuer Fachbereich im Unternehmen dazu, dass Einnahmequellen unentdeckt blieben und sogar zusätzliche Kosten entstanden. Aufgrund eines fehlenden übergreifenden Ansatzes akquirierte jeder Fachbereich beim Kunden für sich. Informationen über potentielle Bedarfe anderer FM-Sparten wurden von „fachfremden“ Mitarbeitern nicht als solche erkannt und somit auch nicht weitergetragen.

Zum Zustand der Gebäudetechnik, der Reinigung und der Außenanlagen erfolgten überdies innerhalb kurzer Zeit gleich mehrere Begehungen von unterschiedlichen Projektleitern. Ein Allrounder hätte dies als Gesamtprojektleiter effizienter und mit weniger Personal umgesetzt. Auch hätte dieser Möglichkeiten für Zusatzgeschäft erkannt und genutzt, wo der Dienstleister bislang nur „mit einem Fuß in der Tür steht“.

Soft Services weich gespült
Ein weiteres Praxisbeispiel stammt aus einem Jungunternehmen, das zu einem weltweit agierenden Konzern gehört. Bei den angemieteten Bürogebäuden wurde ein Teil der Betreiberpflichten dem Mieter übertragen. Die Ist-Analyse der bestehenden FM-Organisation zeigte: das Facility Management war der IT zugeordnet, weil der verantwortliche Teamleiter über eine sicherheitstechnische Ausbildung verfügt. Wartungsleistungen wurden nahezu vollständig im Auftrag des Vermieters ausgeführt. Im Bereich der geforderten Sicht- und Funktionsprüfungen hat die Analyse jedoch erhebliche Defizite aufgedeckt.

Die Prüfung der Soft Services zeigte unter anderem, dass aufgrund der gewachsenen Strukturen und Beauftragungen „auf Zuruf“ erhebliche unnötige Kosten entstanden sind. Der externe Reinigungsdienstleister beklagte in der Vergangenheit einen zu hohen Aufwand. Die Intervalle der Unterhaltsreinigung wurden kundenseitig auf fünfmal wöchentlich erhöht – jedoch ohne die Leistungsinhalte zu konkretisieren. Des Weiteren hatte der Teamleiter eine Tagesreinigungskraft beauftragt, die zusätzlich vergütet wurde. Ihre Tätigkeiten umfassten nahezu ausschließlich Intervallreinigung, die bereits im Zuge der Unterhaltsreinigung abgegolten wurde. Die Mehrkosten pro Jahr lagen im hohen fünfstelligen Bereich, dennoch waren die Nutzer mit der Leistungsqualität unzufrieden.

Abgespeist im Catering
Fehlendes Dienstleistercontrolling und mangelnde Erfahrung seitens der FM-Abteilungen haben auch bei der Gemeinschaftsverpflegung zu Problemen geführt. Der Caterer hatte alle ihm entstehenden Kosten mit Aufschlag an den Kunden durchgereicht. Wegen fehlender Bewertungskriterien – wie Kalibrierungstabellen – gab es keinen Ansatz, die Qualität anhand harter Kennzahlen zu messen. Das Ergebnis „Es schmeckt nicht“ und ist „zu teuer“. Im Zuge der Beratung konnten zugleich die Qualität verbessert, als auch die Preise gesenkt werden. Das Fazit: Facility Manager müssen alle Aspekte der Facility Services im Auge behalten. Dafür sind neben spezifischen Weiterbildungen auch die FM-Grundlagen wiederkehrend aufzufrischen.